Andacht
zu Lukas 12,49-53
Menschenkind
- Gotteskind (1. Sonntag nach
Epiphanias), Tag 6
Lesung:
Lukas 12,49-53
Ich bin
gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als dass es
schon brennte! Aber ich muss mich zuvor taufen lassen mit einer Taufe, und wie
ist mir so bange, bis sie vollbracht ist! Meint ihr, dass ich gekommen bin,
Frieden zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern Zwietracht. Denn von nun
an werden fünf in einem Hause uneins sein, drei gegen zwei und zwei gegen drei.
Es wird der Vater gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater, die Mutter
gegen die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen
die Schwiegertochter und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
Thema:
Der Glaube an Jesus kann
zu Entzweiungen führen.
Auslegung:
Will Jesus etwa Krieg, Verwüstung und Streit bringen? Nein,
sondern Jesus redet hier vom Feuer des
Heils, vom Widerstreit des Glaubens und des Unglaubens, vom Ringen um die Wahrheit Gottes. Dieser Kampf geschieht (zumindest von der Seite der Glaubenden) ohne Waffen. Dennoch kann er heftig,
kräfteraubend und verletzend sein. Entzweiung in der eigenen Familie ist immer
schmerzhaft.
Zwei Beispiele: 1. Ein Junge gehörte zur Hitlerjugend. Er war völlig begeistert von der Gemeinschaft und von allem, was
man ihm dort an Ideologie einflößte. Sein Vater war Christ. Er half mutig unerwünschten Personen, z.B. Juden. Der
Junge stellte seinen Vater zur Rede. Dieser blieb bei seiner Auffassung. Der
Junge denunzierte den Vater. Der Vater wurde vor den Augen des Sohnes
verhaftet.
2.
Ein moslemisch erzogener Libanese wird nach Deutschland geschickt, um dort
eine Ausbildung zum Kapitän zu machen. Auf verschlungenen Wegen bekehrt er sich
zu Christus. Begeistert schreibt er seiner Familie. Die aber sieht in der
religiösen Wandlung des Sohnes eine große Schande. Eines Tages bekommt der Sohn
einen Brief von seinem Vater: Wenn du wirklich Christ bleiben willst, dann
bist du ab heute nicht
mehr mein Sohn.
Jesus arbeitet nicht gezielt auf solche Zerwürfnisse hin, aber sie
sind fast unvermeidbar, wenn die einen das Evangelium annehmen, die anderen
hingegen es ablehnen und bekämpfen.
Zwietracht werde er bringen, sagt Jesus. Der Vater werde gegen den Sohn sein
und der Sohn gegen den Vater. Seine Worte bewahrheiten sich.
Gebet:
Herr Jesus Christus,
steh denen bei, die wegen ihres christlichen Glaubens unter Streit, Zwietracht und Verfolgung leiden.
Bewahre ihre Herzen, dass sie nicht bitter werden.
Erhalte sie im rechten Glauben.
Lass aus Streit
Versöhnung werden, aus Zwietracht Eintracht,
aus Verfolgung Bekehrung.
Impuls:
Gibt es in Ihrer persönlichen Umgebung Glaubenszwist um Jesu willen? (Vorsicht: Manchmal sind es auch sehr
menschliche Gründe, die aus Bequemlichkeit auf eine Glaubensebene erhoben
werden.)
Hintergrundinformationen:
v Was meint Jesus mit der Taufe, vor der ihm bange ist? Er spricht wohl von
der Bluttaufe des Märtyrers, der für seinen Glauben stirbt. Jesus weiß, dass
ihm ein hinterhältiger Prozess und ein gewaltsamer Tod bevorsteht.
v In der hebräischen
Literatur wird manchmal mit Zahlenreihen gearbeitet, damit sich der Inhalt besser
einprägt. Dieser Methode bedient sich hier auch Jesus: 5 = 2 + 3 = 3 + 2.
v Jesus lehnt die
Anwendung von Waffen für den Glauben ab. Dies zeigt am deutlichsten sein Wort an Petrus, der sein
Schwert zieht, als man Jesus gefangen nehmen will: Stecke dein Schwert an
seinen Ort! Denn wer zum Schwert greift, der soll durchs Schwert umkommen
(Matthäus 26,52). Ob Kreuzzüge und Glaubenskriege zum Teil eine politische und
gesellschaftliche Berechtigung gehabt haben, bleibe dahingestellt. Als Mittel
zur Durchsetzung des Reiches Gottes oder als unmittelbarer Kampf für Christus
dürfen sie niemals betrachtet werden. Wo das geschieht, ist es ein
verhängnisvoller Irrtum.
Autor dieser Andacht: Robert Augustin