Andacht zu 3.Mose 16,1-2.6-10.20-22
Gott ist anders   (Judika), Tag 2

Andachten auswählen

 

 

Lesung:

3.Mose 16,1-2.6-10.20-22

Und der HERR redete mit Mose, nachdem die zwei Söhne Aarons gestorben waren, als sie vor dem HERRN opferten, und sprach: Sage deinem Bruder Aaron, dass er nicht zu jeder Zeit in das Heiligtum gehe hinter den Vorhang vor den Gnadenthron, der auf der Lade ist, damit er nicht sterbe; denn ich erscheine in der Wolke über dem Gnadenthron. Und Aaron soll einen Stier, sein Sündopfer, darbringen, dass er für sich und sein Haus  Sühne schaffe, und danach zwei Böcke nehmen und vor den HERRN stellen an der Tür der Stiftshütte und soll das Los werfen über die zwei Böcke: ein Los dem HERRN und das andere dem Asasel, und soll den Bock, auf welchen das Los für den HERRN fällt, opfern zum Sündopfer. Aber den Bock, auf welchen das Los für Asasel fällt, soll er lebendig vor den HERRN stellen, dass er über ihm Sühne vollziehe und ihn zu Asasel in die Wüste schicke.

Und wenn er die Entsühnung des Heiligtums vollbracht hat, der Stiftshütte und des  Altars, so soll er den lebendigen Bock herzubringen. Dann soll Aaron seine beiden Hände auf dessen Kopf legen und über ihm bekennen alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigt haben, und soll sie dem Bock auf den Kopf legen und ihn durch einen Mann, der bereit steht, in die Wüste bringen lassen, dass also der Bock alle ihre Missetat auf sich nehme und in die Wildnis trage; und man lasse ihn in der Wüste.

 

Thema:

Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

 

Auslegung:

Die Juden wissen, dass der Versöhnungstag Versöhnung mit Gott bringt, aber noch lange keine Versöhnung mit den Menschen. Rabbi Meier richtete beim Gottesdienst zum Beginn vom Versöhnungstag in der Synagoge folgende Worte an die Gemeinde: "Ihr wartet darauf, dass ich den Gottesdienst beginne, aber ich muss euch mitteilen, dass selbst wenn ihr bis morgen wartet, ich es nicht tun werde. Wir wissen, dass der Große Versöhnungstag Vergebung für die Sünden vor Gott bringt aber nicht für Sünden gegenüber meinem Nächsten, wenn ich mich nicht mit ihm versöhnt habe. Deswegen fordere ich euch auf, einander zu vergeben."

Sofort schrieen die Gottesdienstbesucher auf, dass sie einander vergeben würden. Rabbi Meier war aber nicht zufrieden.

"Bin ich richtig verstanden worden? Vergebt einander hier und jetzt. Denn wenn der Versöhnungstag erst einmal vorbei ist, besteht jeder darauf, dass der andere ihm die Schuld einlöst, auch wenn ihn der Schuldige um Vergebung bittet." Nach einer längeren Diskussion, sagte ein Teilnehmer: "Rabbi, wir werden deine Worte beachten." Der Rabbi legte dieses Versprechen vor Gott und begann mit dem Gottesdienst.

Hier wird deutlich, dass wir zur Versöhnung zwei Schritte gehen müssen, den Weg zu Gott und den Weg zu meinem Nächsten. Darauf hat Jesus nachdrücklich hingewiesen, im Vaterunser: "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."

Wenn es in unserem Leben wirklich Versöhnungstag, wirklich Karfreitag werden soll, müssen wir beide Schritte gehen: die Versöhnung mit Gott und die Versöhnung mit unseren Mitmenschen.

 

Gebet:

Herr Jesus, danke, dass du mir meine Schuld vergeben hast. Hilf mir, dass ich diese Befreiung auch leben kann und dieses große Geschenk auch an andere weitergebe und ihnen vergebe.

 

Impuls:

Beten Sie das Vaterunser und sprechen Sie einmal ganz bewusst die Worte: „Und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

 

Ergebnis:

Vergebung hat Folgen: wenn mir vergeben wird, kann ich auch anderen vergeben.

 

 

Hintergrundinformationen:

v     Sünde und Schuld trennen uns von Gott und sind wie ein Graben, der uns nicht zu ihm kommen lässt

v     Der große Versöhnungstag, von dem im Text die Rede ist, wird bis heute von Juden als höchster Feiertag gefeiert. Sie denken an die Schuld, die von Gott trennt, und bitten ihn um Vergebung.

v     Ein weiteres Beispiel, dass beide Schritte wichtig sind, die Versöhnung mit Gott und den Menschen, findet sich in der Bergpredigt: "Wenn du während des Gottesdienstes ein Opfer bringen willst und dir fällt plötzlich ein, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, dann lass dein Opfer liegen, gehe zu deinem Bruder und versöhne dich mit ihm. Erst danach bringe Gott dein Opfer."

 

Autor dieser Andacht: Pfarrer Ralf Krust (ralf@krust.de)