So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Johannes 3,16

Wird in den Evangelien bewusst die Unwahrheit über Jesus gesagt?

Die Evangelienberichte über Jesus sind kein vorsätzlicher Betrug.

Die Apostel hatten kein Motiv zu lügen und stellten eigene Schwächen offen dar. Es gab Gegner, die aber keinen Betrug nachweisen konnten. Die Lehre der Apostel passte in kein religiöses Schema.

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Inhaltsübersicht


1. Die Apostel hatten kein Motiv zu lügen

Wenn die Apostel die Geschichte von Jesus, oder auch nur das Wunderhafte dieser Geschichte nachträglich erfunden hätten, hätten sie irgend ein Motiv dafür haben müssen.



Geld als Motiv ?

Könnte es sein, dass die Apostel versuchten, aus ihrer Freundschaft zu Jesus Kapital zu schlagen? Das hätte so aussehen können: Nachdem Jesus gekreuzigt worden und gestorben war, hätten die Apostel in etwa das erfunden, was wir heute in den Evangelien vorliegen haben. Sie hätten begonnen, von Jesus zu predigen, unglaubliche Geschichten zu erzählen und die Leute aufzufordern, sich taufen zu lassen und in einer Gemeinde unter der Leitung der Apostel zu leben. Wer diesen Schritt getan hätte, wärde finanziell systematisch ausgenommen worden.

Ein Blick in das Leben der Urgemeinde zeigt jedoch, dass die Verhältnisse einer solchen Theorie nicht entsprechen.

Nirgends in der Apostelgeschichte oder in anderen Schriften wird erwähnt, dass die Gemeindeglieder der Urgemeinde zu finanziellen Abgaben verpflichtet wurden. Vielmehr geschahen solche Abgaben freiwillig. Die Christen waren offensichtlich davon überzeugt, dass Jesus bald wiederkommen werde. Deshalb verkauften viele ihr Hab und Gut. Der Erlös wurde an die Armen verteilt (vgl. Apg 2,37-47). Hätten die Apostel ein finanzielles Interesse gehabt, hätten sie das großangelegte Verteilen von Gütern wohl nicht hingenommen. Freilich werden die Apostel von der Gemeinde mit dem versorgt worden sein, was sie zum Leben brauchten (vgl. 1. Kor 9,18).1

Auch in der Geschichte von Ananias und Saphira in Apg 5 wird betont, dass es den beiden freigestanden hätte, ihren Acker zu behalten, oder aber ihn zu verkaufen und über den Erlös frei zu verfügen. Das Vergehen des Ehepaares bestand darin, dass sie vorgaben, den ganzen Erlös des Ackers als ein heiliges Opfer für Gott zu geben, dass sie in Wirklichkeit aber nur einen Teil des Erlöses bei den Aposteln ablieferten.



Wichtigtuerei ?

Ein weiteres Motiv könnte Wichtigtuerei sein. Das hieße: Den Aposteln hatte es gefallen, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen und von allen bewundert zu werden. Gegen dieses Motiv spricht, dass schon recht bald einer aus der Gemeinde, nämlich Stephanus, für seinen Glauben hingerichtet wurde (vgl. Apg 7,54-59). Die Apostel mussten sich immer wieder vor Gericht verantworten (vgl. Apg 4 und Apg 5,17-42). Man drohte ihnen und legte ihnen nahe, nicht mehr von Jesus zu predigen. Sie aber ließen sich davon nicht beeindrucken. Soweit wir wissen, starben zehn der zwölf Apostel den Märtyrertod. Es ist ausgeschlossen, dass die Apostel dies alles für eine Lüge in Kauf genommen hätten, von der sie genau gewußt hätten, dass es eine Lüge ist.



Andere denkbare Motive erscheinen noch unwahrscheinlicher. Absurd ist z.B. folgender Gedanke: Die Apostel konnten nicht wahrhaben, dass Jesus wirklich tot war. Deswegen schafften sie seine Leiche beiseite und verkündigten, er sei auferstanden. Zu einer so derben Leichenschändung und verfrorenen Lüge wären die um ihren Meister trauernden Jünger niemals fähig gewesen.



E r g e b n i s :

Es gab für die Apostel kein Motiv, die Jesusgeschichte zu erfinden.

2. Die Jünger stellen sich und ihr Anliegen ungeschickt dar

Wenn die Apostel, die die Urgemeinde leiteten, ihre Berichte vom Wirken Jesu nach Gutdünken gestalten hätten können, dann hätten sie das wohl viel werbewirksamer getan. Vor allem hätten sie sich selbst in ein besseres Licht gerückt. Stattdessen finden wir in den Evangelien eine ganze Reihe von Begebenheiten, die für die späteren Apostel peinlich und beschämend gewesen sein mussten. Und niemand betrügt andere zu seinem eigenen Nachteil.

Einige Beispiele:
  • In Mk 8,33 sagt Jesus zu Petrus: "Hebe dich, Satan, von mir!" Petrus hatte zuvor Jesus gebeten, seinen Leidensweg nicht zu gehen.
  • Nachdem Jesus gefangen genommen war, folgt Petrus ihm in den Palast des Hohenpriesters. Dort wird er gefragt, ob er nicht auch zu Jesus gehöre. Petrus verleugnet Jesus aus Angst (Mt 26, 69-75).
  • Johannes und Jakobus streiten, wer der Größte im Reich Gottes sei. Jesus weist sie zurecht und ruft sie zur Demut (Mk 10,35-45).
  • Jesus bittet die Jünger Petrus, Jakobus und Johannes, ihm kurz vor seiner Gefangennahme beizustehen und mit ihm zu wachen. Sie aber schlafen ein (Mk 14,32-42).
  • Die Jünger weisen einige Leute ab, die Kinder zu Jesus bringen, damit er sie segne. Als Jesus das merkt, sagt er: "Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht..." (Luk 18,15-17).
  • Thomas schenkt dem Zeugnis der anderen Apostel keinen Glauben, dass Jesus auferstanden und ihnen erschienen sei. Erst als Thomas Jesus selbst sieht, glaubt er. Jesus sagt zu ihm ein kritisches Wort: "Selig sind, die nicht sehen und doch glauben" (Joh 20,24-31).
  • Nicht die Apostel, sondern einige Frauen sehen das leere Grab Jesu zuerst (Joh 20,1-10).
  • Petrus geht Jesus auf dem Wasser entgegen. Sein Glaube wird schwach und deshalb versinkt er. Jesus sagt zu ihm: "O du Kleingläubiger! Warum zweifelst du?" (Matth 14,22-33)
Allem Anschein nach berichten die Apostel in den Evangelien die ungeschminkte Wahrheit. Sogar Ereignisse, die sie selbst in ein schlechtes Licht rücken, geben sie weiter.

3. Die Gegner der Urgemeinde hätten keinen Schwindel geduldet

Nicht nur Jesus, sondern auch die Apostel und die Urgemeinde hatten Gegner. So wurden die Apostel mehrmals vor dem Hohen Rat verhört, einem mächtigen Gremium in Jerusalem. Man nahm die Apostel gefangen, drohte ihnen und befahl ihnen, nichts mehr von Jesus zu reden (Apg 4-5). Die Botschaft der Apostel, Jesus sei Gottes Sohn, wurde von vielen als gotteslästerlich aufgefasst. Bald kam es zu einer ersten Hinrichtung: Stephanus wurde gesteinigt, weil er den christlichen Glauben vertrat (Apg 6,8-15). In Apg 8 lesen wir von einer großen Verfolgung der ganzen Gemeinde zu Jerusalem. Man spürte die Christen auf, holte sie aus den Häusern und warf sie ins Gefängnis. Paulus bekennt in seinen Briefen, vor seiner Bekehrung selbst an solchen Verfolgungen teilgenommen zu haben (Gal 1,13-14).

Man darf davon ausgehen, dass es etliche Leute gab, die den christlichen Glauben verabscheuten, und alles daran setzten, diesen Glauben auszurotten. Die betreffenden Leute werden natürlich auch versucht haben, die Wurzeln der christlichen Lehre anzugreifen, v.a. die Kunde von Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen. Der Widerstand der Gegner war so heftig, dass sie erfundene Geschichten wahrscheinlich sofort in der Luft zerrissen hätten, und dass sie Gegenzeugen und Gegenbeweise auf den Plan gebracht hätten. Von der "Jesus-Lüge" der Apostel wäre bald nicht mehr viel übrig gewesen.

Erstaunlicherweise erfahren wir nichts über irgendeinen Versuch der Gegner, die Überlieferung von Jesus zu hinterfragen. Lediglich bzgl. der Grablegung Jesu bauen die Gegner einem möglichen Leichenraub durch starke Bewachung des Grabes vor (Matthäus 28,62-66). Diese Maßnahme hinterfragt aber nicht die Überlieferung der Evangelien, vielmehr ist sie darin enthalten.



Offensichtlich war das Wissen über Jesus, das in der Urgemeinde verkündigt wurde, so gut abgesichert, dass es keinen Sinn hatte, es zu bestreiten.

4. Eine völlig neue, nicht konforme Theologie

Die Botschaft der Apostel passt in kein religiöses Denkschema der damaligen Zeit.

  • Man hätte Jesus ohne weiteres als Propheten darstellen können, der im Namen Gottes etwas verkündigt, der einige, wenige Zeichen oder Wunder tut, und der als Märtyrer Gottes stirbt, dessen Andenken aber einige seiner Freunde bewahren.
  • Man hätte Jesus die Rolle eines Rabbi, eines Schriftgelehrten, zuweisen können, dessen Lehrgespräche von seinen Schülern weitergegeben werden.
  • Man hätte Jesus als gelehrten antiken Wanderphilosophen ausgeben können, dessen Lehre weltweit Eindruck schindet.
Wenn die Apostel die Jesus-Geschichte erfunden hätten, hätten sie sich wahrscheinlich eines bekannten Schemas bedient. Stattdessen berichten sie Dinge über Jesus, die den Zeitgenossen verrückt, absurd oder gotteslästerlich erscheinen mussten:
  • Für die Juden galt ein am Holz Hingerichteter als verflucht. Das steht im Mosegesetz. Dass der Messias als ein von Gott Verfluchter am Kreuz stirbt, musste als absurder Gedanke erscheinen.
  • Dass der schändliche Tod Jesu Erlösung für alle Glaubenden bringen solle, dürfte nur schwer zu vermitteln gewesen sein.
  • Jesus erhob sich über Mose. Er handelte oder redete so, als sei er selbst Gott. Das muss als lästerlich aufgefasst worden sein und dürfte nicht gerade zur Beliebtheit der christlichen Lehre beigetragen haben.
  • Die Auferstehung der Toten erwartete man am jüngsten Tag. Dass Jesus bereits vor diesem Tag auferstanden sein soll, musste als verwirrend erscheinen.
Wie kommen die Apostel auf solch sperrige Aussagen? - - Erfunden haben werden sie das alles wohl kaum! Vielmehr dürfte es umgekehrt gewesen sein: Sie mussten es berichten, weil es einfach stimmte:
  • Jesus war am Kreuz gestorben.
  • Jesus hatte gesagt, sein Blut werde vergossen zur Erlösung für viele.
  • Jesus hatte den Anspruch erhoben, Sohn Gottes zu sein und in der Vollmacht Gottes Sünden zu vergeben, zu heilen, Gebote richtig auszulegen usw.
  • Jesus war den Aposteln und anderen als der Auferstandene erschienen.
Dass sich aus alledem eine Lehre ergab, die nichts als Schwierigkeiten nach sich zog, nahmen die Apostel wohl bewusst in Kauf.
Übrigens: Es ist unwahrscheinlich, dass ein Kreis von zwölf meist einfachen Männern Worte von einem solchen Tiefgang und von solcher Weisheit hätte erfinden können, wie es die Worte Jesu sind.

1 Man beachte auch: Während einer Hungersnot Mitte des 1.Jh.n.Chr. galt die Jerusalemer Urgemeinde als verarmt. Deswegen bat Paulus bei seinen Gemeinden um eine Kollekte, siehe 2.Korinther 9. Erst Ende des 4.Jahrhunderts gelangte die Kirche zu Reichtum.